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Ein Abend, der unter die Haut ging

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Suchtvortrag in St. Peter-Ording - Husumer Nachrichten vom 24. November 2010 | Von gpa
aktualisiert: 25.11.2010 18:15 von Sh

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Jörg Böckem sprach über seine Sucht. Foto: gpa

"Haben Ihre Kollegen und Freunde nichts gemerkt?" "Vor Freunden kannst Du das nicht verheimlichen. Einige Kollegen habe ich nachher gefragt. Ihnen kam mein Verhalten zwar merkwürdig vor, aber man sieht meistens auch nur das, was man im Umfeld erwartet, und so haben die meisten keinen Verdacht gehegt." Der Hamburger Journalist Jörg Böckem sprach auf Einladung des Runden Tisches zur Sucht und Drogenprävention St. Peter-Ording vor über 100 Schülern und Erwachsenen im Nordsee-Internat über seine Heroinsucht. In der Autobiographie "Lass mich die Nacht überleben", die 2004 erschienen ist, hat er seine Erfahrungen aufgeschrieben. "Um zu überleben, musste ich über meine Sucht reden", erklärt der 44-Jährige. Die Drogen hatten alles aufgefressen. Seine Mutter habe große Angst gehabt, nach der Veröffentlichung gebrandmarkt und geächtet zu werden. Sie habe aber viel Zuspruch und Verständnis erfahren. Zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten konnte auch sie über ihr Leid reden. Ja, auch Illegales habe er getan, um sich Geld für Drogen zu beschaffen, erklärt Böckem. "Ich wurde mehrfach verhaftet, habe Bewährungsstrafen erhalten, aber das große Glück gehabt, dass mich meine Freunde nicht fallen ließen." Gnadenlos gegen sich selbst beschreibt er die Gründe, die in die Sucht führten. Er verklärt nichts, beschreibt aus der Distanz, sieht sich nicht als Opfer.

Böckem hatte zugesichert, alle Fragen zu beantworten. Und gefragt wurde viel nach der einstündigen Lesung, bei der man nur die unaufdringliche Stimme des Autors vernahm. Die Ärmel seiner Kapuzenjacke hat Böckem bis zu den Ellbogen zurückgeschoben. Noch vor Jahren trug er, wie er erzählte, Schlabberpullis, die ihm bis zu den Fingerspitzen reichten, damit niemand die Einstiche sehen konnte. Dass er überlebte, verdanke er seiner großen Leidenschaft, dem Schreiben. Als Journalist war er schon als 20-Jähriger für die Zeitschrift "Tempo", später für "Die Zeit", "Spiegel" und "Jetzt" tätig. Das war für ihn der Rettungsanker und die Verbindung zur "Außenwelt". Um schreiben und Geld für seine Drogen verdienen zu können, versuchte er sich immer wieder zu entgiften, scheiterte aber zwei Mal. 2001 ist es ihm gelungen, seine über 15 Jahre währende Sucht zu überwinden.

Was man tun könne, um Jugendliche vor der Sucht zu bewahren? Auch hier war Böckems Sprache klar. Wenn er Drogenkonsum auch nicht verurteile, so gebe es andere und bessere Möglichkeiten, als Rauschmittel zu konsumieren. Eine Gesellschaft ohne Drogen werde es wohl nie geben. So sei es wichtig, dass der junge Mensch die Chance erhalte, "seine Erfahrungen zu verarbeiten, zu sortieren, seine Persönlichkeit zu entwickeln". Er sei froh, heute ein suchtfreies Leben zu führen.

Der starke Beifall am Ende zeigte, dass die Jugendlichen und Erwachsenen dem Autor großen Respekt zollten und dass es wichtig war, den Konsum illegaler Drogen zu thematisieren. "Es ging unter die Haut", fasste Hans Jörg Rickert als Koordinator des "Runden Tisches" zusammen.

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